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Taylan Camlidere

Nils Mittmann: „Will den Erfolg der Saison nicht an einem Tabellenplatz festmachen“

Nils Mittmann ist im November in seine Heimat Braunschweig zurückgekehrt und hat bei den Basketball Löwen Braunschweig, für die er noch zu Phantoms-Zeiten als Basketball-Profi und Kapitän auf Korbjagd gegangen ist, die Funktion als Geschäftsführer und Sportdirektor übernommen. Im ausführlichen Interview spricht der 41-Jährige u.a. über die sportlichen wie auch wirtschaftlichen Herausforderungen dieser Saison, den eingeschlagenen Weg der Spielerentwicklung und die damit verbundenen Ziele der Löwen.

Sie sind seit November als Geschäftsführer und Sportdirektor bei den Basketball Löwen tätig. Wie haben Sie sich in dieser Funktion eingelebt?

Das Ankommen mitten in der Saison war ein laufender Prozess. Ich hatte nicht viel Zeit, um Dinge vorzubereiten oder zu planen. Es ging vornehmlich erstmal darum, das operative Geschäft am Laufen zu halten. Aber das hat gut geklappt und dementsprechend gut habe ich mich auch eingelebt. Es macht mir sehr viel Spaß, Geschäftsführer der Basketball Löwen zu sein, zumal der Job eine gute Mischung an Themen beinhaltet, die ich bearbeiten kann. Auch das für mich bekannte Umfeld, das Miteinander und die Bereitschaft von allen, zu unterstützen und zu helfen, hat mir den Einstieg deutlich vereinfacht und mich gut ankommen lassen.

Sie haben seitdem Sie hier sind bereits turbulente Zeiten erlebt. Kostja Mushidi fehlt krankheitsbedingt auf unbestimmte Zeit, die Löwen mussten zweimal in Quarantäne, Bryon Allen hat den Klub verlassen und Lukas Meisner eine Schulterverletzung erlitten, die sein Saisonende bedeutet. Wie haben Sie all dies wahrgenommen?

Ich würde es unter dem Wort „sportlich“ zusammenfassen. Das sind Herausforderungen, denen man sich stellen muss und die nicht nur in Braunschweig aufgetreten sind. Von einer Quarantäne waren auch andere BBL-Mannschaften betroffen und das sind eben Unwägbarkeiten, die diese Zeiten leider mit sich bringen. Ich bin der Meinung, dass man offen und lösungsorientiert an solche Dinge herangehen und den Blick nach vorne richten muss. So haben wir beispielsweise die Erfahrung aus der ersten Quarantäne in die zweite mitgenommen. Das gilt auch für die Personalentscheidungen, die getroffen werden mussten. Ich glaube im Fall Bryon Allen war es für beide Seiten die richtige Entscheidung, getrennte Wege zu gehen. Wir haben dafür mit Arnas Velička einen Spieler gefunden, der deutlich besser zu unserer Ausrichtung und ins Mannschaftsgefüge passt. Was Lukas Meisner anbelangt, so ist das schon eine tragische Geschichte – sowohl für den Klub, aber vor allem auch für ihn. Er hat eine herausragende Saison gespielt und unseren Weg, den wir hier eingeschlagen haben, wunderbar verkörpert. Das ist für alle Beteiligten sehr traurig, dass so etwas jäh durch eine Verletzung unterbrochen wird. Ähnlich sieht das bei Kostja aus, der zwar Fortschritte macht, den wir aber in dieser Saison nicht mehr auf BBL-Parkett sehen werden. Aber auch hier muss man sagen, dass es Teil unseres Geschäfts ist. Verletzungen und Krankheiten passieren und mit solchen Rückschlägen muss man in allen Bereichen lernen, umgehen zu können.

Das hört sich aus Ihrem Mund recht rational und „reif“ an. Allerdings ist die Mannschaft in weiten Teilen jung und unerfahren. Wie geht sie Ihrer Meinung nach mit diesen Vorkommnissen um bzw. ist sie damit bislang umgegangen?

Mein Eindruck ist, dass die Mannschaft daran wächst und reift, weil wir ihr an ganz vielen Stellen Vertrauen schenken, aber auch die Übernahme von Verantwortung einfordern. Das ist unsere Leitlinie und Überzeugung. Wie sollen junge Spieler denn lernen, mit Druck und Verantwortung umzugehen, wenn sie beides nie erfahren oder bekommen? Es ist Teil unseres Konzepts und unserer Überzeugung, dass Wachstum und Entwicklung nur passieren können, wenn die Spieler Verantwortung übertragen bekommen. Und der Umgang mit diesen Herausforderungen betrifft ja das Leben im Allgemeinen. Da sollte man nicht in Panik verfallen, sondern das Beste daraus machen.

So eine junge Mannschaft kann an diesen Unwägbarkeiten und Herausforderungen aber auch „brechen“. Hatten Sie nicht Angst davor, dass dies auch den Löwen hätte passieren können?

Natürlich kann so etwas eine Mannschaft brechen. Aber ich denke positiv und sehe es auch als eine Chance. Meine Hoffnung war, dass wir ein ,Growth Mindset' entwickeln (Anm. d. Red.: Ein Growth Mindset beschreibt den Glauben an die eigene Lernfähigkeit) und dieses Prinzip in unserer Organisation, aber vor allem auch bei den Spielern verankern. Die Spieler müssen lernen, Rückschläge zu verkraften und diese in etwas Positives umzuwandeln. Das ist eine entscheidende Kompetenz im Sport. Und jedes Meistern einer Herausforderung und jedes Zurückkämpfen hilft dabei und ist ein Schritt in die richtige Richtung. Zwar haben wir zuletzt mentale Schwächen offenbart, die vor allem bei der harten Niederlage in Chemnitz deutlich geworden sind. Meine generelle Wahrnehmung ist aber, dass unsere Mannschaft nicht Gefahr lief oder läuft, an den Herausforderungen zu brechen, sondern dass sie diese gut angenommen und insgesamt betrachtet bislang gut gemeistert hat.

Ist das der Grund dafür, dass (noch) nicht für Lukas Meisner nachverpflichtet wurde?

Bei der Beantwortung dieser Frage muss ich weiter ausholen. Zunächst einmal ist es definitiv ein Punkt, dass wir nicht aktiv geworden sind, weil wir sehen wollten, wie die Mannschaft „Lukis“ Fehlen auffängt. Zumal wir auch Spieler auf seiner Position haben, die seinen Ausfall ein Stück weit abfangen können und das tun. Luc van Slooten ist sicherlich ein noch sehr junger Spieler, der dadurch jetzt mehr Verantwortung bekommt – und das wollen wir ja auch.

Auf der anderen Seite haben wir eine klare, eng kalkulierte Budgetplanung für diese Saison, im Rahmen derer wir uns bislang bewegt haben. Selbst wenn es eine Versicherung für berufsbedingte Unfälle gibt, so ist es nicht der Fall, dass sie den für uns wirtschaftlich entstandenen Schaden zu 100 Prozent auffängt. Unser enger finanzieller Rahmen ist also auch ein triftiger Grund, weshalb wir uns schwertun, eine Nachverpflichtung zu realisieren.

Man muss aber auch einen dritten Punkt bedenken: Nämlich wie viele Herausforderungen die Mannschaft bereits meistern musste und welche Auswirkungen ein neuer Spieler auf den gruppendynamischen Prozess haben könnte? Wir haben schon eine Kaderveränderung durch den Wechsel von Bryon Allen zu Arnas Velička vorgenommen. Sicherlich ist Arnas ein ganz anderer Spielertyp, der unserem Spiel auch guttut. Aber es ist dennoch für alle Mitspieler eine Umstellung. Dann kam noch Benedikt Turudic hinzu und das sind gleich zwei Spieler, die integriert werden mussten und müssen.

Wir hatten natürlich gehofft, dass wir in voller Kaderstärke und mit Lukas Meisner arbeiten können. Leider ist uns das auf dem Feld weggebrochen, aber die Leadership durch Luki ist glücklicherweise nach wie vor da. Man muss an dieser Stelle betonen, dass es wirklich außergewöhnlich ist, dass er zwei Tage nach der Operation und unter Schmerzen bei der Mannschaft sein wollte. Das sind Signale, die ganz wichtig für das Team sind und es ist toll zu sehen, wie er seiner Verantwortung als Kapitän trotzdem gerecht wird und der Mannschaft damit hilft.

Insgesamt bin ich bei dem Thema Nachverpflichtung aber sehr vorsichtig. Wenn man einen weiteren Spieler holen würde, wofür wir ja genau genommen noch ein paar Tage bis zum 31. März Zeit hätten, dann muss er ideal passen und die Anforderungen müssen von allen Seiten klar sein. Ich bin auch kein Freund von vielen Nachverpflichtungen und es ist im Laufe dieser BBL-Saison bei anderen Teams zu beobachten gewesen, dass dies nicht immer zum gewünschten Erfolg führt.

Unabhängig der finanziellen Komponente heißt das: Man möchte das Risiko vermeiden, die Teamchemie zu gefährden – nimmt damit aber gleichzeitig das Risiko in Kauf, etwas weniger sportliche Qualität zu haben?

Bei den letzten sicherlich bitteren Niederlagen gegen Hamburg und Chemnitz fehlte uns in den Druckphasen die Abgeklärtheit, was mich aber nicht daran zweifeln lässt, dass wir die nötige sportliche Leistungsfähigkeit in unserem Kader haben. Ich hatte ja auch schon die Position von Lukas Meisner angesprochen, auf der wir ebenfalls einen Martin Peterka mit Potential und auch Steigerungsspotential haben. Das war in den vergangenen Spielen zu sehen, in denen er 2-mal unser Topscorer war. Aber auch Luc van Slooten hat mehrfach mit seinen Leistungen gezeigt, dass er eine noch größere Rolle einnehmen kann und verdient. Gegen Chemnitz hat er zum Beispiel ein gutes Spiel gemacht und gegen den MBC Verantwortung übernommen und den entscheidenden Dreier kurz vor dem Ende getroffen.

Natürlich wollen wir unsere jungen Spieler nicht überfordern. Da ist die Kommunikation mit den Spielern sehr wichtig, was eine Qualität von Headcoach Pete Strobl ist. Letztendlich sehe ich die größte Gefahr in der nicht vorhandenen Kadertiefe. So wären wir eher nicht in der Lage, eine eventuelle weitere Verletzung zu kompensieren. Da müssen wir abwägen und versuchen deshalb, die Entscheidung bezüglich einer Nachverpflichtung so lange hinauszuzögern, wie es eben möglich ist. Wir haben den Markt im Auge und es gibt Spieler, die wir bereits über einen anderen längeren Zeitraum beobachten. Ich glaube aber, wir tun generell gut daran, die Ruhe zu bewahren.

Sie hatten zuvor bereits den engen Budgetrahmen in dieser Saison angesprochen. Wie stark sind denn die finanziellen Auswirkungen durch die Corona-Pandemie?

Es macht sich natürlich stark bemerkbar. Das vergangene Wirtschaftsjahr war bereits durch den Abbruch der regulären Saison und die entfallenen Heimspiele alles andere als leicht, gerade finanziell. In dieser Saison spielen wir bislang ohne Zuschauer, wodurch eine elementare Einnahmequelle fehlt. Und auch für sehr viele unserer Partner stellt die Corona-Pandemie eine große wirtschaftliche Herausforderung dar, weshalb wir denjenigen, die uns in dieser schwierigen Zeit dennoch unterstützen, natürlich ausgesprochen dankbar sind. Wir haben aber auch 15 Partner verloren und tun uns sehr schwer damit, neue zu gewinnen. Das Erlebnis Basketball findet in der Halle statt und man könnte sagen, dass das unsere Vertriebsplattform ist. Die fehlt uns enorm. Und es fehlt ebenso der Austausch unter den Partnern und Sponsoren, die uns als Netzwerkplattform nutzen. Da sind wir stark gehandicapt.

Man muss ganz klar sagen, dass es in so einer Zeit sehr schwierig ist zu planen und Versprechungen zu machen, wann wieder mit Zuschauern gespielt werden kann. Wir hoffen alle, dass dies in der kommenden Saison passieren wird. Aber für diese Saison zusätzliche Mittel zu generieren, hat sich als äußerst herausfordernd dargestellt. Für uns lautet daher die Maßgabe, bestehende Budgets zu sichern und in diesem Zusammenhang ist die staatliche Unterstützung für uns zentral. Auf die sind wir aufgrund entfallender Umsätze angewiesen, die u.a. aus dem Wegbleiben der Zuschauer resultieren und die wir so zumindest teilweise kompensieren können. Die Beantragung und Auszahlung ist allerdings ein Prozess, der sich über Monate hinzieht. Eine Phase ist bereits abgeschlossen, in der wir eine Zahlung erhalten haben. Zum 1. März gab es eine weitere Möglichkeit, entsprechende Anträge einzureichen und das haben wir auch getan. Das verschafft uns immerhin eine gewisse Luft und hilft.

In Anbetracht der schwierigen Situation und davon ausgehend, dass die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie noch länger zu spüren sein werden: Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die kommende Saison?

Ich blicke mit einem absolut positiven Gefühl auf die neue Saison, weil ich daran glaube, dass nach einer Coronazeit eine Post-Coronazeit kommen wird. Es wird wieder die Zeit kommen, in der die Leidenschaft in die Halle gebracht wird und in der wir gemeinsam die Spiele und Spieler anschauen und bejubeln werden. Das ist auch die Grundvoraussetzung für den Fortbestand des Sports.

Der gegenwärtige Zustand mit den Spielen vor leeren Rängen ist auf der einen Seite ein Privileg, weil wir nach wie vor spielen können. Auf der anderen Seite widerspricht es dem Grundgedanken des Sports. Der Sport auf diesem Level lebt von der Interaktion mit dem Publikum und den Fans. Es muss zukünftig wieder möglich sein, diese Interaktion zwischen Fans, Zuschauern und Spielern stattfinden zu lassen. Wenn wir das schaffen, dann haben wir die Grundvoraussetzung dafür, professionellen Sport mit allem, was dazu gehört, zu betreiben und Einnahmen über das Ticketing oder Partner zu generieren.

Ich bin diesbezüglich guter Dinge, Braunschweig hat da großes Potential. Der eingeschlagene Weg, auf junge und einheimische Spieler zu setzen, ist denke ich ein Weg mit dem man sich auch als Unternehmen oder Unternehmer identifizieren kann. Unsere klare Philosophie erhöht die Attraktivität unserer Plattform für Unternehmen, um Werbebotschaften oder Botschaften im Allgemeinen zu transportieren, z.B. um seinen Bekanntheitsgrad oder die Reichweite zu vergrößern oder sich als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren. Allerdings haben wir auch noch reichlich Optimierungspotential, um für Partner noch attraktiver zu werden.

Es drängt sich bei dem einen oder anderen sicherlich der Gedanke auf, dass mögliche finanzielle Engpässe oder gar die Hauptfinanzierung der Basketball Löwen durch ihren Alleingesellschafter Dennis Schröder aufgefangen bzw. übernommen werden könnten. Wie sehen Sie das als Geschäftsführer der Basketball Löwen?

Auf der einen Seite sind wir Dennis Schröder zu großem Dank verpflichtet, weil er durch sein hohes persönliches Engagement den Fortbestand der Basketball Löwen gesichert hat und er mit seinen privaten Mitteln in den Standort, dessen Zukunft und darin investiert, dass wir den Weg der Ausbildung wie auch Entwicklung von jungen Spielern gehen können. Aber man darf es auf der anderen Seite nicht als die singuläre Aufgabe unseres Gesellschafters verstehen, dass er all das finanziert.

Ich glaube, so funktioniert Profisport im 21. Jahrhundert nicht. Wir sind kein Klub eines Oligarchen, der Goldminen oder Ölfelder besitzt und alles im Alleingang stemmt. Das ist nicht meine Auffassung und sicherlich auch nicht die Auffassung von Dennis Schröder und würde auch nicht zu den Basketball Löwen passen.

Was ich ganz stark sehe und spüre ist die Bereitschaft, der Wille und der Wunsch der Braunschweiger Bürger und Unternehmen, dass es Bundesliga-Basketball in dieser Stadt gibt und entsprechend brauchen wir die breite Unterstützung aus der Unternehmerschaft, um den Fortbestand zu sichern und auf eine solide Basis zu stellen. Da reicht es nicht aus, einen großen Geldgeber zu haben, sei es Dennis Schröder oder wer auch immer. Die Basketball Löwen Braunschweig tragen maßgeblich zu der Attraktivität der gesamten Region bei. Von daher ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, dass deren Unterstützung nicht auf dem Rücken eines Einzelnen geschehen kann.

Wie sieht denn das Feedback aus der Unternehmerschaft für den eingeschlagenen Löwen-Weg aus? Betrachten sie die Basketball Löwen als attraktive Werbeplattform?

Das Feedback der Partner, mit denen ich mich bisher dazu ausgetauscht habe, war durchweg positiv. Sie bedauern lediglich, dass sie nicht in der Halle dabei sein und die Spiele sehen können. Auch wenn man sich in Basketball-Deutschland umhört, ist die Rückmeldung auf unseren Weg sehr, sehr positiv. Ich glaube, wir haben es schon geschafft, unsere Marke zu positionieren. Wann immer wir bei MagentaSport oder in überregionalen Medien genannt werden, dann werden wir mit der Entwicklung junger Spieler in Verbindung gebracht. Ich glaube, da haben wir bis jetzt einen guten Job gemacht, unsere Philosophie in den Markt zu tragen und haben uns dieses Renommee erarbeitet, weil es nicht nur ein Image ist, sondern unserer Überzeugung entspricht.

Das positive Feedback der Sponsoren ist natürlich motivierend. Aktuell stehen die Löwen mit ihrem Ansatz aber im engen Mittelfeld der Liga und haben gerade drei Spiele in Folge verloren. Wie wichtig ist denn für die Sponsoren auch der sportliche Erfolg?

Sportlicher Erfolg ist in unserem Umfeld elementar. Aber wir wissen, dass wir weder kurz- noch mittelfristig realistisch um die Deutsche Meisterschaft mitspielen können und werden. Das ist klar besetzt von anderen Teams, wie dem FC Bayern München oder ALBA BERLIN, die budgetär auch in einer anderen Liga spielen als wir. Unser Ansatz bzw. unsere Positionierung ist so gewählt, dass wir eine Marke aufbauen und eine Messbarkeit in unser sportliches Tun bekommen müssen, die sich nicht nur über den Tabellenplatz ableiten lässt.

Ich finde es schwierig, immer zu sagen: „Wir wollen in die Playoffs, das ist unser großes Ziel.“ Nur darüber sollte man sich nicht definieren. Ich finde es deshalb schön, den Prozess der Spielerentwicklung als einen Teil unserer DNA und der Erfolgsmessung zugrunde zu legen und nicht ausschließlich den Tabellenplatz. Ich glaube, dass das für uns der richtige Weg und einer ist, den viele Partner mitgehen. Denn auch bei ihnen ist die Personalentwicklung ein zentrales Thema und ich bin der Meinung, da gibt es viele Parallelen und dementsprechend auch Verständnis für unseren Weg.

Und was sind die Ziele der Löwen in dieser Saison, wenn es nicht vorrangig um den Tabellenplatz geht?

Nicht falsch verstehen: Natürlich ist unser Ziel, mit dieser Mannschaft den größtmöglichen Erfolg herzustellen. Nur tue ich mich schwer damit, den Erfolg der Saison an einem Tabellenplatz festzumachen. In Anbetracht all der Unwägbarkeiten und des engen finanziellen Spielraums muss man sagen, dass das Minimalziel der 16. Rang wäre – also ein Nichtabstiegsplatz. Das würde uns aber natürlich nicht zufriedenstellen, wenn wir keine Weiterentwicklung der Mannschaft sehen. Ich sehe unsere Mannschaft auch nicht auf diesem Tabellenplatz. Wenn sie doch da landen sollte, dann würde unsere Spieler- und Mannschaftsentwicklung nicht so verlaufen sein, wie wir uns das vorstellen.

Ich will mich nur nicht darauf festnageln lassen, ob der 10. oder 11. Platz ein Erfolg wären, der 13. aber schon nicht mehr. Und man sieht ja auch, wie eng die Tabelle ist. Für uns geht es in dieser Saison vor allem darum, die Ligazugehörigkeit zu sichern sowie die Spieler in ihrer Persönlichkeit, aber auch die Gruppe und uns als Standort weiterzuentwickeln. Wir haben es in dieser Saison geschafft, uns im sportlichen Bereich einen Namen zu machen. Das zeigt auch die Verpflichtung von Arnas Velička. Der hätte sich zum Anfang der Saison vielleicht schwergetan, nach Braunschweig zu kommen, weil wir noch nicht die Glaubwürdigkeit hatten, dass wir jungen Spielern wirklich Einsatzzeit geben. Da haben wir Werbung in eigener Sache gemacht und werden in den kommenden Jahren interessant für talentierte, junge Spieler sein. Das ist etwas, was wir als strategisches Ziel verfolgen.

Wir stehen aber noch am Anfang und deshalb glaube ich, dass es zum jetzigen Zeitpunkt sehr wichtig ist, Strukturen zu schaffen, uns entsprechend aufzustellen, in unseren Abläufen genug Zeit für individuelle Trainingseinheiten einzuräumen und uns so als Organisation zu perfektionieren, dass wir das Thema Spielerentwicklung auch wirklich leisten können und uns zu Spezialisten entwickeln. Wir müssen da noch viel lernen. In der Offseason werden wir die Saison Revue passieren lassen und reflektieren, was wir besser machen können. Und das ist für mich gegenwärtig wichtiger als ein Tabellenplatz.

Letzte Frage: Wenn die Löwen bei der Entwicklung von jungen Spielern einen guten Job machen, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Spieler längerfristig bleiben, doch sehr gering. Denn andere Klubs wie z.B. Berlin, München oder Ulm bieten nicht nur ein höheres Gehalt, sondern auch eine andere sportliche Herausforderung durch internationale Wettbewerbe. Wo bleibt dann die Nachhaltigkeit des Konzeptes?

Es ist sicherlich so, dass sich die guten Talente erst einmal von uns „wegentwickeln“ werden. Und am Anfang wird das zu unserem Leidwesen sicher häufiger passieren, weil es für uns als Organisation unmöglich ist, so schnell zu wachsen, wie sich Spieler entwickeln können. Wir müssen unser Niveau perspektivisch so weit anheben, dass wir für die Spieler eine Attraktivität über einen längeren Zeitraum haben. Es ist also mittelfristig schon klar das Ziel, in einem internationalen Wettbewerb zu spielen und es ist mittelfristig auch das Ziel, eine Playoff-Mannschaft zu sein.

Dafür müssen wir einerseits die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen setzen, damit wir das auch abbilden können und andererseits Talente hierherholen, die die entsprechende Qualität haben, um das Erreichen zu können. Es wird nicht ausschließlich mit 18- bis 21-Jährigen gehen, wir haben auch in diesem Jahr erfahrene Führungsspieler und das wird in Zukunft so bleiben. Die erfahrenen Spieler haben eine ungeheure Wichtigkeit in diesem Konzept, weil es diejenigen sind, von denen die jungen Spieler am meisten lernen. Wenn wir diese Führungsspieler für unser Konstrukt aussuchen, dann müssen wir ganz genau rekrutieren und darauf achten, dass sie unseren Wertvorstellungen entsprechen und wirklich als Vorbilder dienen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass wir am Anfang eines Prozesses einer nicht ganz einfachen Zeit stehen und uns als Organisation dahin entwickeln müssen, dass wir uns sportlich klar positionieren, aber auch als Klub weiter professionalisieren. Bei Themen wie Vermarktung, Sponsorenbetreuung und -gewinnung müssen wir unsere Hausaufgaben machen, um die Rahmenbedingungen zu schaffen und so attraktiv zu werden, dass unser Konzept mittelfristig auch eine Nachhaltigkeit hat.

Vielen Dank für das Gespräch.




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