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Interview mit Oliver Braun

Taylan Camlidere

Oliver Braun: „Wollen deutschen Spielern mehr Verantwortung geben“

Die Basketball Löwen sind Anfang September in die Vorbereitung auf die neue easyCredit BBL-Saison 2020/21 gestartet. Das Löwen-Team ist aber noch nicht komplett – unter anderem darüber sowie über die Kaderplanung und die bisherige Entwicklung der Mannschaft spricht Sportdirektor und Geschäftsführer Oliver Braun in diesem Interview.

Die Mannschaft ist seit drei Wochen im Training. Wie ist der bisherige Eindruck, den Sie vom Team gewinnen konnten? Oliver Braun: Der erste Eindruck ist gut! Allerdings fehlen uns noch Importspieler. Das merkt man deutlich und ist ein Grund dafür, dass wir noch nicht ganz unser angestrebtes Trainingsniveau erreicht haben. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Jungs nicht viel investieren würden. Sie trainieren mit hoher Intensität und einer sehr guten Einstellung. Das ist wirklich schön zu sehen. Zudem sind die meisten Spieler in guter körperlicher Verfassung angereist. Der ein oder andere hätte sich im Sommer vielleicht ein bisschen fitter halten können. Aber der Großteil hat in den vergangenen Monaten sehr stark individuell gearbeitet und das macht sich positiv bemerkbar. Grundsätzlich geht es für uns jetzt darum, die Mannschaft zu formen, die neuen Spieler zu integrieren und die entsprechenden Systeme zu verinnerlichen. Das ist natürlich etwas schwieriger dadurch, dass noch Spieler fehlen, die eine wichtige Rolle übernehmen sollen.

Sie haben die noch fehlenden Spieler angesprochen. Wie ist der aktuelle Stand bezüglich dieser Personalien?

Wie bekannt ist, haben wir entschieden, erst einmal nur mit vier ausländischen Spielern in die neue Saison zu gehen. Deshalb sind wir sehr darauf bedacht, dass diese vier Spots uns auch wirklich weiterhelfen und in das Team passen. Zwei davon haben wir mit James Robinson und Martin Peterka bereits gefunden, für die anderen beiden sondieren wir den Markt entsprechend intensiv und befinden uns dazu noch in enger Abstimmung mit Dennis (Schröder – Anm. d. Red.). Er möchte gerade hierbei seine Expertise und Ideen einbringen. Und natürlich gab es auch Spieler auf unserer Liste, die wir sehr interessant fanden, die für uns aber nicht bezahlbar waren und sich für bessere Angebote entschieden haben, oder leider nicht mehr auf dem Markt sind. Dementsprechend müssen wir uns noch etwas in Geduld üben.

Big Man Martin Peterka pausierte angeschlagen und kehrt langsam ins Training zurück. Mit Center Gavin Schilling sowie Forward Lukas Meisner mussten zuletzt ebenfalls zwei weitere große Spieler verletzungsbedingt aussetzen. Gab es daher die Überlegung, anstelle der zwei geplanten weiteren Guards vielleicht nur einen und stattdessen noch einen Spieler für die großen Positionen zu verpflichten? Wir denken natürlich darüber nach und analysieren genau, was wir noch brauchen. Wir nutzen diesbezüglich auch die Testspiele und beurteilen darauf basierend, wo wir akuten Bedarf sehen und wo die Mankos liegen. Der Fokus wird sicherlich auf den Guard-Positionen liegen. Denn die BBL ist eine Guard-orientierte Liga. Wir haben aber grundsätzlich den kleinen Vorteil, dass unser Kontingent an ausländischen Spielern ohnehin nicht ausgeschöpft ist und wir später noch entscheiden können, gegebenenfalls einen weiteren großen Spieler als fünften Import dazu zu holen. Wir beobachten weiterhin den Markt. Allerdings steigt der Druck, die passenden Puzzleteile möglichst zeitnah zu finden.

Birgt die Entscheidung, mit voraussichtlich nur vier Imports in die neue Saison zu gehen, nicht ein gewisses Risiko? Es ist sehr wahrscheinlich, dass die anderen BBL-Teams mit sechs Imports in die Saison gehen werden und natürlich könnte man sagen, dass es ein Risiko ist, dass wir das nicht tun. Aber wir wollen unseren deutschen Spielern mehr Verantwortung geben und sind davon überzeugt, dass sie das leisten können. Ich denke, dass wir auf den deutschen Positionen im Ligavergleich sehr gut besetzt sind und wir da eine gute Qualität haben. Dennoch werden sie alleine eher nicht unsere Spiele gewinnen können und brauchen entsprechende Unterstützung, die von den Importspielern kommen soll. Wenn dieses Gerüst steht, dann bin ich guter Dinge.

Die Löwen haben bereits zwei Testspiele absolviert. Gegen Göttingen hat man knapp gewonnen, in Oldenburg gab es am Sonntag eine deutliche Niederlage. Was sind die Erkenntnisse aus diesen beiden ersten Begegnungen und worauf liegt der Fokus?

Für uns geht es zunächst darum, spielerische Aspekte umzusetzen, die bislang trainiert wurden. Wir sind erst seit drei Wochen im Training und können generell noch nicht zu viel erwarten. Wie schon gesagt sind einige Spieler verletzt bzw. waren verletzt und wir müssen jetzt schauen, dass wir diese integrieren. Das hat man vor allem gegen so ein starkes Team wie Oldenburg deutlich gesehen. Die EWE Baskets trainieren auch schon länger als wir und haben den Kern der Mannschaft aus der letzten Saison behalten. Gegen Göttingen haben wir uns allerdings überraschend gut präsentiert. Grundsätzlich ist eine Analyse von Stärken und Schwächen gegenwärtig nicht einfach, weil wir eben noch nicht wissen, wie der Kader mit vollständiger Rotation funktioniert und unsere Trainingsqualität – wie eingangs erwähnt – logischerweise noch nicht das Niveau eines kompletten Kaders erreichen konnte. Das war natürlich ganz anders geplant, im Idealfall wollten wir jetzt vollständig sein.

Der Saisonstart ist zwar „erst“ am 7./8. November, aber in weniger als einem Monat beginnt der MagentaSport BBL-Pokal in einer Turnierform. Die Löwen haben eine sehr schwere Gruppe erwischt und treffen auf Gastgeber Bonn, den deutschen Meister und Pokalsieger Berlin sowie den Vize-Pokalsieger Oldenburg. Unter Berücksichtigung des gegenwärtig noch nicht kompletten Kaders – wie bereit können die Löwen dann schon für diesen wichtigen Wettbewerb sein?

Zur Erwartungshaltung zum jetzigen Zeitpunkt schon etwas zu sagen ist schwierig. Aber wir werden natürlich alles geben. Die Mannschaft zeigt schon jetzt im Training, dass sie gefühlt mehr als die nur möglichen 100 Prozent gibt. Mit diesem Einsatz und Willen können wir vielleicht ein wenig beim Pokalturnier überraschen, aber auf dem Papier sind wir aktuell der klare Außenseiter. Wir müssten Gruppenerster werden, um in das Top Four einzuziehen und das ist in Anbetracht der Stärke unserer Gegner eher unwahrscheinlich. Dennoch freuen wir uns auf den Pokalwettbewerb und Spiele gegen so starke Mannschaften. Die werden uns dabei helfen, weiter zusammenzuwachsen, unser Spiel zu verbessern und dann hoffentlich bereit für den Ligastart zu sein.

Nicht nur die Spieler müssen zusammenwachsen, sondern auch die Coaches. Headcoach Pete Strobl wird in dieser Saison durch die zurückgekehrten und erfahrenen Assistant Coaches Kostas Papazoglou und Liviu Calin unterstützt. Welchen Eindruck macht das Trainer-Trio bislang?

Liviu bringt viel Ruhe und Erfahrung mit, Kostas hat einen enormen Willen wie auch Erfahrung und Pete ist ein guter Motivator und Kommunikator. Ich glaube, durch diese unterschiedlichen Qualitäten ergänzen die drei sich sehr gut. Natürlich haben sie vorher als Coaches noch nicht in dieser Konstellation zusammengearbeitet und müssen sich entsprechend kennenlernen und zusammenraufen. Das läuft aber bisher gut, sie arbeiten ja auch alle drei für das gleiche Ziel – und das ist der bestmögliche Erfolg der Mannschaft.

A propos Zusammenraufen... Das hat man den Sommer über auch im Nachwuchsbereich getan. Das zerrüttete Verhältnis wurde in kurzer Zeit wieder gekittet und die Löwen kooperieren jetzt mit den SG Junior Löwen. Wenn Sie eine erste Bilanz dieser jungen Zusammenarbeit ziehen sollten, wie würde diese lauten?

In dieser Hinsicht war der Sommer auf jeden Fall sehr kurz. Es hatte in der Vergangenheit den Anschein, dass alle Basketball wollten, aber in verschiedene Richtungen gelaufen sind. Deshalb habe ich zunächst mit vielen Personen und Parteien geredet. Ich habe von Beginn an gesagt, dass es Zeit brauchen wird, bis wir im Nachwuchsbereich wieder da sind, wo wir eigentlich hin wollen. Aber ich glaube, wir haben wichtige erste Schritte eingeleitet. Wir haben uns mit neuen Trainern meiner Meinung nach gut aufgestellt und wollen die Kooperation perspektivisch so leben, wie wir es früher auch getan haben. Also, als Ausbildungsstandort eng zusammenarbeiten, Talente entwickeln und darüber erfolgreich sein. Hervorzuheben ist, dass wir uns alle sehr gut verstehen, wir die gleichen Ziele verfolgen und offen miteinander sprechen. Alle bisherigen Entscheidungen sind in enger und gemeinsamer Absprache erfolgt. Und wir werden auch demnächst zu Elternabenden einladen, bei denen wir gemeinsam über unsere Pläne und Ziele berichten wollen. Das erfolgt jetzt alles Schritt für Schritt – aber der Grundstein ist gelegt und damit bin ich bisher wirklich zufrieden. Hier geht mein Lob und Dank an alle Beteiligten und natürlich auch die Bitte um Geduld für die Entwicklung. Vieles, was als selbstverständlich erscheint, ist und war es nicht. Die ersten Pflöcke sind eingeschlagen, aber es bleibt viel zu tun.

Zum Abschluss eine Frage zum Beschluss der Bundesländer, in einer Testphase von insgesamt sechs Wochen 20 Prozent der möglichen Spielstättenkapazität für Zuschauer zu genehmigen. Wie bewerten Sie diese Entscheidung?

Natürlich ist das positiv und macht Hoffnung. Wir freuen uns darüber, dass Zuschauer in einem gewissen Rahmen und unter den nötigen Hygieneregeln zugelassen werden können und hoffen, dass die Testphase ein positives Ergebnis haben wird. Denn innerhalb dieser sechs Wochen haben wir kein offizielles Heimspiel – der BBL-Saisonstart ist nach Ablauf dieser Zeit – und wir möchten natürlich unbedingt vor Zuschauern spielen. Es bleibt also eine Ungewissheit zurück und für die Planungssicherheit und unseren Ticketverkauf ist diese Testphase folglich nicht einfach. Trotzdem ist es ein wichtiger und sehr erfreulicher Schritt.


 
 
 

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